Ruine Rudenz
Giswil ist zum erstenmal in einer Urkunde aus dem Jahre 840 erwähnt. Über die Deutung des Namens Giswil, in der Urkunde „Kisewilare“ geschrieben, liegen mehrere Varianten vor. Nach P. Hugo Müller bedeutet Wilare „zum Landgut gehörig“, aber auch Gehöft, Einzelhof, Siedlung im allgemeinen. Der Personenname Giso, auch Kiso oder Kiselbert, nennt entweder den Gründer oder Besitzer des Gehöftes.

Giswil gehörte zu den 16 Meierhöfen des Klosters Murbach und war für das Tal Obwalden Sitz der klösterlichen Verwaltungsbeamten. Im 13. Jahrhundert war es den Freiherren von Wolhusen gelungen, Meieramt und Vogtei zu vereinigen und der Kontrolle des Abtes weitgehend zu entziehen. Als aber die Abtei Murbach 1391 sämtliche Territorien in der heutigen Schweiz den Habsburgern veräusserten, wurden die Absichten der Herrn von Wolhusen durchkreuzt und Giswil gelangte in den für die Innerschweiz gefährlichen Machtbereich der habsburgischen Verwaltung.

Drei Burganlagen sind im Laufe der Geschichte in Giswil festzustellen, die Rosenburg und die Burgen Rudenz und Hunwil. Diese Burgen sind im Konzept eines Befestigungswerkes denkbar, das den Zugang zum Brünigpass, den Weg zum traditionellen Kriegspfad der Unterwaldner ins Entlebuch und den Übergang ins Habkerntal beherrschte. Um die Mitte des 14. Jahrhunderts kam das Meieramt an die Herren von Rudenz. Nachdem die Herren von Rudenz ins Unterland gezogen waren, traten in Giswil die Herren von Hunwil auf. Diese hatten ihre Burg auf dem dominierenden Hügel, wo heute die Pfarrkirche St. Laurentius steht. Die Hunwiler hatten die ganze Verwaltung in ihren Händen, bis sie es schliesslich um das Jahr 1400 an die Kirchgenossen von Giswil verkauften. Damit erlangte Giswil eine Sonderstellung und war der Staat im Staat. Durch einen Schiedsspruch der Gesandten von Uri und Schwyz wurden die Vorrechte im Jahre 1432 stark eingeschränkt und gingen schliesslich vollständig ein. Giswil trat als gewöhnliches Glied in die Reihe der Gemeinden von Obwalden.

Die Gemeinde Giswil hatte stets durch die Wildbäche viel zu leiden. Aus dem Jahre 1583 ist eine grosse Überschwemmung überliefert worden. Im Jahre 1629 wurde Giswil wiederum von Schutt und Geröll haushoch überschwemmt, unter anderem auch die damalige Pfarrkirche. Die neue Kirche wurde auf dem Hügel der ehemaligen Burg Hunwil errichtet und 1635 eingeweiht. Das daneben stehende Beinhaus rund 20 Jahre später. Auch aus den Jahren 1739, 1741 und 1874 sind gewaltige Überschwemmungen bekannt. Die letztere führte dazu, dass mit ersten Verbauungs- und Korrektionsarbeiten begonnen wurde. Dies war der Anfang von grossen Arbeiten, die bis heute noch nicht abgeschlossen sind und grosse finanzielle Belastungen bringen.

Das Zentrum der Gemeinde war bis zum Untergang der Kirche von 1629 vorallem im Kleinteil. 1607 wurde zwar im Grossteil eine erste Kapelle gebaut, aber nur, weil der Weg zur Pfarrkirche im Kleinteil gefährlich war. Jedoch schon 1429 bestanden Ansätze einer gewissen Selbstständigkeit, spricht eine Urkunde doch von zwei Korporationen „teil rütihalb“ und „teil kilchehalb“. Giswil, mit seinen Dorfteilen Giswil, Grossteil und Kleinteil, nahm als letzte Talstation der Brünigstrasse um die Wende des letzten Jahrhunderts einen raschen Aufschwung. Die reich vorhandenen Wasserkräfte des Lungerersees wurden verwertet. Die Auswanderungen, die auch die Gemeinde mit finanziellen Beiträgen unterstützte, nahmen ab.

Mit dem Bau der Brünigbahn (Vollendung 1889) begann der wirtschaftliche Aufstieg. Dazu trug auch die Trockenlegung des Aariedes, das mit seinem Schilf in den bewachsenen Sümpfen ein gefährlicher Krankheitsherd war, wesentlich bei. Heute besitzt Giswil eine grosse Anzahl von leistungsfähigen Gewerbe- und Industriebetrieben. Der Tourismus bringt jedes Jahr viele Gäste aus der Schweiz und aus dem Ausland in die Gemeinde. Zudem besitzt Giswil mit der Landwirtschaftlichen Schule das bäuerliche Bildungszentrum des Kantons Obwalden.

Urs Abächerli und Roland Sigrist